Kindschaftsrecht
Das Kindschaftsrecht und Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung werden als Schwerpunktbereich von Herrn Rechtsanwalt Alexander Burger bearbeitet.
Elterliche Sorge:
Das Kindeswohl verlangt, dass ein Kind ab seiner Geburt eine Person hat, die für das Kind rechtsverbindlich handeln kann. Wünschenswert ist die gemeinsame Ausübung der elterlichen Sorge durch die Eltern des Kindes. Leider sind nicht alle Eltern in der Lage die elterliche Sorge gemeinsam auszuüben, so dass unter vorrangiger Berücksichtigung des Kindeswohles eventuell eine anderweitige Regelung notwendig ist. In Betracht kommt eine teilweise Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge oder gar die vollständige Entziehung bzw. Übertragung der elterlichen Sorge, bis hin zur Begründung einer Vormundschaft und Inobhutnahme des Kindes durch das Jugendamt. Teilbereiche der elterlichen Sorge können als Aufenthaltsbestimmungsrecht, Gesundheitsfürsorge, Vermögenssorge und Recht der Antragstellung gegenüber Behörden definiert werden, wobei diese Aufstellung nicht abschließend ist.
Umgang:
Bei einer Trennung der Eltern wird oftmals eine Entscheidung zu fällen sein, bei welchem Elternteil das Kind in Zukunft seinen Lebensmittelpunkt haben wird. Das Kind hat einen Anspruch darauf auch denjenigen Elternteil regelmäßig zu sehen, bei dem es nicht seinen Lebensmittelpunkt hat. Die genaue Ausgestaltung dieser Umgangskontakte ist individuell am Kindeswillen und Kindeswohl zu orientieren, wobei sich durchaus eine gewisse Umgangspraxis im Familienrecht eingebürgert hat.
Inobhutnahme und Maßnahmen bei Kindeswohlgefährdung:
Das Jugendamt fungiert als Wächter über das Wohl der Kinder. Wenn Eltern nicht in der Lage sind oder erscheinen, kann es zu einer Inobhutnahme des Kindes einer Familie kommen. Zeitnah wird das Familiengericht prüfen, ob diese Maßnahme zum Schutz des Kindes erforderlich ist. Hierzu wird das Familiengericht in der Regel für das Kind einen Verfahrensbeistand bestellen und ein psychologisches Sachverständigengutachten über die Frage der Erziehungsfähigkeit der Eltern einholen. Falls möglich sind mildere Mittel, wie z.B. die Einrichtung einer sozial pädagogischen Familienhilfe, geeignet eventuelle Sorgedefizite der Eltern zu kompensieren und Hilfestellung für die Eltern zu geben.
Eine Sorgerechtsentziehung bzw. Inobhutnahme darf keine Sanktion für elterliches Fehlverhalten sein (vgl. BVerfG = FamRZ 2009, 1472). Der Staat muss vielmehr versuchen, durch helfende, unterstützende, auf Herstellung oder Wiederherstellung eines verantwortungsgerechten Verhaltens der Eltern gerichtete Maßnahmen sein Ziel zu erreichen. Der Sorgerechtsentzug bzw. die Aufrechterhaltung der Inobhutnahme darf letztlich nur dann erfolgen, wenn nicht weniger einschneidende Mittel ausreichen, um der Kindeswohlgefährdung zu begegnen (vgl. BGH = FamRZ 2014, 543).
Zur Aufrechterhaltung des Sorgerechtsentzuges bzw. der Fremdunterbringung muss das festzustellende elterliche Fehlverhalten ein solches Ausmaß erreichen, dass das Kind im Haushalt der Kindeseltern in seinem körperlichen, geistigen oder seelischen Wohl nachhaltig gefährdet wääre (vgl. BVerfG = FamRZ 2012, 1127 ff.). Es bedarf mithin einer Analyse des tatsächlichen weiteren Gefährdungspotentials bei Rückübertragung bzw. Rückführung (vgl. BVerfG = FamRZ 2015, 112).
Für die Annahme einer gegenwärtigen begründeten Besorgnis der (erneuten) Kindeswohlgefährdung sind in der Vergangenheit eingetretene Schäden weder erforderlich noch ausreichend, sie haben lediglich Indizfunktion (vgl. BVerfG = FamRZ 2010, 865; BVerfG = FamRZ 2017, 206; OLG Stuttgart = FamRZ 2002, 1279).
Die Aufrechterhaltung des Sorgerechtsentzuges bzw. der Inobhutnahme darf letztlich nur dann erfolgen, wenn nicht weniger einschneidende Mittel ausreichen, um der Kindeswohlgefährdung zu begegnen (vgl. BGH = FamRZ 2014, 543).
Die bloße Existenz „besserer" Alternativen vermag den Entzug der elterlichen Sorge und damit letztlich auch die Fremdunterbringung nicht zu rechtfertigen. Solches käme allein dann in Betracht, wenn im Falle des Verbleibs des Sorgerechtes beim Betroffenen eine nachhaltige Kindeswohlgefährdung zu befürchten wäre (vgl. BVerfG = FamRZ 2017, 1577).
Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG garantiert den Eltern das Recht auf Pflege und Erziehung ihrer Kinder. Der Schutz des Elternrechts erstreckt sich auf die wesentlichen Elemente des Sorgerechtes, ohne die die Elternverantwortung nicht ausgeübt werden kann. Eine räumliche Trennung des Kindes von seinen Eltern gegen deren Willen stellt den stärksten Eingriff in das Elterngrundrecht dar, der nur unter strikter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erfolgen bzw. aufrecht erhalten werden darf. Art. 6 Abs. 3 GG erlaubt diesen Eingriff nur unter der strengen Voraussetzung, dass das elterliche Fehlverhalten ein solches Ausmaß erreicht, dass das Kind bei den Eltern in seinem körperlichen, geistigen oder seelischen Wohl nachhaltig gefährdet wäre. Eine solche Gefährdung des Kindes ist dann anzunehmen, wenn bei ihm bereits ein Schaden eingetreten ist oder sich eine erhebliche Gefährdung mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt. Ob diese Voraussetzungen im Einzelfall erfüllt sind, unterliegt wegen des besonderen Eingriffsgewichtes einer strengen verfassungsrechtlichen Überprüfung. Der Grundrechtsschutz beeinflusst auch die Gestaltung des Verfahrensrechtes. Soll das Sorgerecht entzogen werden – bzw. der Entzug aufrecht erhalten bleiben – sind die Anforderungen an die Sachverhaltsermittlung umso höher, je geringer der möglicherweise eintretende Schaden des Kindes wiegt, in je größerer zeitlicher Ferne der zu erwartende Schadenseintritt liegt und je weniger wahrscheinlich dieser ist (vgl. BVerfG = FamRZ 2017, 1577, mit weiteren Rechtsprechungshinweisen des Bundesverfassungsgerichtes).